Di, 28.07.2020 , 09:29 Uhr

Amberg-Sulzbach: Kirwa als Kulturerbe?

Die Liste an kultureller Vielfalt in Bayern ist lang. 54 Einträge, darunter der Further Drachenstich oder der Kötztinger Pfingstritt, haben es bislang in das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes geschafft. Womöglich wird die Liste schon bald um eine lebendige Tradition aus dem Amberg-Sulzbacher Land erweitert: die Kirwan. Der Landkreis Amberg-Sulzbach möchte sich jedenfalls für den Titel Immaterielles Kulturerbe der UNESCO bewerben und zählt hier auch auf die Unterstützung aus der Bevölkerung.

Der Landkreis Amberg-Sulzbach ist Kirwalandkreis. In den 27 Landkreisgemeinden werden das ganze Jahr über verteilt mehr als 120 Kirwan gefeiert – auf der Welt ist das vermutlich einzigartig. Kirwa ist Lebensgefühl. Und welchen Stellenwert die Kirwan im Amberg-Sulzbacher Land genießen, zeigt sich auch daran, dass im Innenhof des Landratsamtes eine Bronzefigur eines tanzenden Kirwapaares steht. „Die Kirwan im Landkreis sind lebendige Traditionen, die seit Jahrzehnten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Ein Brauchtum, das den sozialen Zusammenhalt und das Wir-Gefühl stärkt“, zeigt sich Landrat Richard Reisinger stolz über den gelebten Kulturschatz im Amberg-Sulzbacher Land.

Kirwa-Fragebogen und Exponate für eine Kirwa-Ausstellung
Mithilfe eines Fragebogens sollen nun gemeinsam mit der Bevölkerung möglichst viele Informationen zur Kirwatradition im Landkreis Amberg-Sulzbach zusammengetragen werden. Dazu hat das Projektteam, bestehend aus Tourismusfachwirtin Regina Wolfohr und dem Kirwabeauftragten des Landkreises, Dieter Kohl, eigens einen Kirwa-Fragebogen ausgearbeitet, der unter www.amberg-sulzbacher-land.de heruntergeladen oder per Mail an tourist@amberg-sulzbach.de angefordert werden kann. Mithilfe der Rückmeldungen wird dann die Bewerbung für das Immaterielle Kulturerbe ausgearbeitet.
Die nächste Bewerbungsrunde für die Aufnahme in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes startet im kommenden Jahr. Deshalb können die ausgefüllten Fragebögen bis zum 31. Dezember 2020 an die Tourismusfachwirtin am Landratsamt zurückgeschickt werden.

Kirwabeauftragter Dieter Kohl ist vor allem gespannt auf die Auswertung der regionalen Unterschiede der Kirwan sowie die Entwicklung der einzelnen Kirwan während und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Tourismusfachwirtin Regina Wolfohr betont, dass der Fragebogen „nicht unbedingt komplett ausgefüllt werden muss, um berücksichtig zu werden, sondern vielmehr jede einzelne Info hilfreich ist“.

Zudem sucht die Touristikerin auch nach Exponaten für eine mögliche Sonderausstellung zum Thema Kirwa, z.B. alte Dirndln und Lederhosen, Kirwaliesln oder mehr.

Tradition im Fokus
Laut Bayerischem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat stellt die UNESCO seit 2003 immaterielle kulturelle Ausdrucksformen in den Fokus der Öffentlichkeit. Überall auf der Welt sollen überliefertes Wissen und Können sowie Alltagskulturen sichtbar gemacht, erhalten und gefördert werden. Bis heute sind 178 Staaten dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beigetreten. Deutschland ist seit 2013 Vertragsstaat. Neben dem bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gibt es in Bayern ein eigenes Landesverzeichnis, das aktuell 54 Eintragungen enthält.

„Die Aufnahme in das Bayerische Landesverzeichnis ist ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung des bedeutenden Engagements im Zusammenhang mit der aktiven Pflege und Weitergabe von Traditionen an die kommenden Generationen“, betont der bayerische Finanz- und Heimatminister Albert Füracker, dessen Ministerium auf Landesebene für die Bewerbungen für das Immaterielle Kulturerbe verantwortlich zeichnet.
Zum Bayerischen Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gehören derzeit u.a. das Augsburger Friedensfest, die bayerische Brautradition nach dem Reinheitsgebot von 1516, die bayerische Karpfenteichwirtschaft, das Feldgeschworenenwesen in Bayern, die Landshuter Hochzeit oder auch die Fürther Michaeliskirchweih.

Hintergrund Weltkulturerbe
Der Weg bis zur Aufnahme in die internationale UNESCO-Liste ist lang. Um als Kulturerbe anerkannt zu werden, braucht es zunächst einen Eintrag im Bundesverzeichnis. Aus dem Kreis der dort gelisteten Traditionen wählt die Kulturministerkonferenz im Benehmen mit der Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung im Regelfall einmal jährlich einen Kandidaten aus uns schlägt diesen bei der UNESCO in Paris zur Aufnahme vor.

(Bild von links: Landrat Richard Reisinger, Tourismusfachwirtin Regina Wolfohr, Kirwabeauftragter Dieter Kohl; Bildquelle: Christine Hollederer)

(vl)

Amberg-Sulzbach Ausstellung Bewerbung Dieter Kohl Dirndln Exponate Fragebogen immaterielles Kulturerbe Kirwa Kirwabeauftragter Kirwan Lederhosen Oberpfalz Oberpfalz TV OTV Regina Wolfohr Touristikerin Weltkulturerbe

Das könnte Dich auch interessieren

18.11.2024 Strukturwandel bei der Lebenshilfe Amberg-Sulzbach Die Mitgliederversammlung des gemeinnützigen Vereins Lebenshilfe Amberg-Sulzbach hat große strukturelle Neuerungen beschlossen: Eine Satzungsneufassung, die den ehrenamtlichen durch einen hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden ersetzen wird. Dessen Tätigkeit wird künftig vom neu geschaffenen Aufsichtsrat überwacht. Martin Schafbauer wurde zu dessen 1. Vorsitzenden, Alexander Seitz zum 2. Vorsitzenden gewählt. Der Verein wurde im Jahr 1969 gegründet. Heute arbeiten für 05.11.2024 Chancen und Gefahren: KI-Workshop für Jugendliche Im Rahmen der Demokratietage 2024, einer Initiative des Kreisjugendrings Amberg-Sulzbach, hat das Jugendmedienzentrum T1 zu einem Workshop rund um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) eingeladen. Die Demokratietage hatten ein Wochenende lang das Ziel, junge Menschen für wichtige gesellschaftliche Themen zu sensibilisieren und sie zur Diskussion anzuregen. Ein wichtiger Teil davon war für die Veranstalter der 28.10.2024 Ausstellung „Denk ich an Deutschland“ zu 75 Jahren Grundgesetz Vernissage zur Ausstellung „Denk ich an Deutschland“. Anlässlich des 75. Geburtstags des deutschen Grundgesetzes hat der Ensdorfer Künstler Siegfried Link im dortigen Kloster seine Ausstellung eröffnet. Die Gemälde, Collagen, Skulpturen und mehr haben laut Link eine doppelseitige Bedeutung. Sie sollen nicht nur 75 Jahre Demokratie in Deutschland feiern, sondern das aktuelle Zeitgeschehen auch kritisch betrachten. 17.10.2024 Kastler Kunsttage: Künstler zeigen Malerei und Skulpturen im Steinstadel Von Rauchbrandkeramik bis zu außergewöhnlichen Lichtobjekten – bei der 12. Ausgabe der Kastler Kunsttage haben regionale und überregionale Künstler ihre Werke präsentiert. Vier Künstler zeigten an drei Wochenenden im Steinstadel Malerei, Skulpturen und Fotografien. Zu sehen waren die Werke von Michaela Schulte, Karin Röser, Claudia Grünig und Michael Pickl. Darüber hinaus öffneten Künstler aus der