An diesem Ort jagt wohl so manchem ein kalter Schauer über den Rücken. Und das nicht nur aufgrund des Schneetreibens Mitten im April. Die Brutalität des NS-Regimes ist in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg greifbar. 30.000 Menschen haben die Nazis hier im Arbeitslager zu Tode geschunden. Als die US-Amerikaner das KZ am 23. April 1945 befreit haben, fanden sie 1500 geschwächte und schwerkranke Gefangene vor. 15.000 sind zuvor auf Todesmärsche geschickt worden.
Es sind Gräueltaten, die sich nicht wiederholen dürfen. Und an die deshalb jedes Jahr erinnert wird. Mehr als 600 Menschen sind bei dieser Gedenkfeier dabei, es gab so viele Anmeldungen wie noch nie. Weil viele spüren würden, dass etwas ins Wanken gerät, glaubt KZ-Gedenkstätten-Leiter Prof. Dr. Jörg Skriebeleit.
Es ist dieses Mal eine Gedenkfeier, die ganz anders ist. Wegen des Schneefalls werden die Kränze nicht im Tal des Todes niedergelegt. Aber das ist nur eine Nebensächlichkeit.
Rechtsextremismus und Antisemitismus auf dem Vormarsch
Drei andere Punkte beschäftigen hier die Menschen. Zum einen die aktuellen Trends: In Deutschland steigt die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten – 57 sind es jetzt schon pro Tag. Die rechtsextremistischen Gewaltdelikte haben 2022 um acht Prozent zugenommen. Allein im letzten Quartal des Vorjahres haben Polizisten 71 rechtsextreme Aufmärsche gezählt, die Zahl der antisemitischen Straftaten hat sich seit dem Hamas-Überfall auf Israel im Oktober versechsfacht.
Der zweite Punkt sind die aktuellen Kriege – besonders der Krieg im Nahen Osten, der Krieg gegen Israel. Solidarität mit Israel ist hier auf der Gedenkfeier das Gebot der Stunde – auch wenn Israel selbst umstritten agiert. Doch die Gräueltaten der Nazis unter anderem hier in Flossenbürg und die Geschichte Israels sind unmittelbar verbunden, so Skriebeleit.
Und dann ist da noch ein besorgniserregender Trend. Heimat- und Finanzminister Albert Füracker spricht in seiner Rede vom Ende der Zeitzeugen. Denn nur noch wenige Zeitzeugen können heute aus eigener Erfahrung vom NS-Terror berichten. Dieses Mal hat bei der Gedenkfeier auch kein Überlebender gesprochen, sondern Youp Zwolschen, der Enkel eines Überlebenden.
Es war also alles ein bisschen anders, aber doch wichtiger denn je.
(mz)