Sitzung bei der Caritas in Amberg. Ein Mann sucht sich Hilfe. Zu erkennen geben will er sich nicht, denn er leidet unter einer Suchterkrankung. Nicht irgendeiner Suchterkrankung. Er ist süchtig nach Pornographie. Ein Tabu-Thema in der Gesellschaft – obwohl 90 Prozent aller Männer und 50 Prozent aller Frauen in Deutschland regelmäßig Pornos konsumieren. Was für viele eine erotische Ablenkung vom Alltag ist, entpuppt sich für andere zum riesigen Problem. 500.000 Menschen in Deutschland sind süchtig nach Erotikfilmen und Selbstbefriedigung.
Wie jede andere Suchterkrankung auch, baut sich eine Pornonutzungs-Störung über Jahre schleichend auf. Immer mehr wird der Alltag bestimmt von Pornographie und Selbstbefriedigung. Die Gedanken kreisen immer wieder darum, Frauen werden nur noch als Objekt wahrgenommen.
Zu Spitzenzeiten, sagt unser Gesprächspartner, habe er sich zehn bis 15 Mal am Tag selbst befriedigt. Nicht weil er Lust hatte, sondern weil es zum Zwang wurde.
Zwang statt Lust
Die Konsequenz bei vielen Pornosüchtigen: Das Sexualleben mit dem Partner oder der Partnerin leidet.
Menschen, die von einer Pornonutzungs-Störung betroffen sind, konsumieren auch Inhalte, die für sie gar nicht erregend sind. Um das Gehirn zu triggern, müssen immer härtere Filme her.
Drei bis vier Menschen tauchen jährlich in Amberg bei der Caritas mit dem Problem auf. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.
Parallelen zu anderen Suchterkrankungen
Pornosüchtige sind aber nicht pervers – sondern eben suchtkrank. Die Parallelen zu anderen Suchterkrankungen wie Alkohol oder Drogen sind offensichtlich – etwa der Kontrollverlust. Auch Frauen, sagt Benjamin Treffert, sind betroffen. Bei ihnen sei die Schamgrenze aber nochmal höher. Die Caritas bietet Betroffenen Hilfe an, auch anonym.
Unser heutiger Gesprächspartner ist froh, sich endlich Hilfe geholt zu haben. Er hat seinen Pornokonsum bereits stark reduziert. Und er hofft, dass er mit seiner Leidensgeschichte mehr Menschen bewegen kann, sich Hilfe zu holen.
(mz)