Zum ersten Mal seit 140 Jahren soll in Bayern wieder ein Wolf geschossen werden – oder doch nicht? Die Diskussion zwischen Landwirten, Naturschützern, Behörden und Gerichten ist hitzig. Der Fall des Wolfes im Chiemgau, der 13 mal Nutz- und Wildtiere gerissen hat, beschäftigt nicht nur die Menschen in Oberbayern, sondern reicht bis zu uns in die Oberpfalz. Denn ein großer Teil der Wölfe in Bayern ist bei uns in der Region heimisch. Was Naturschützer freut, treibt vielen Landwirten Sorgenfalten auf die Stirn.
So auch Sebastian Queck. Der Landwirt aus Freihung hält Schafe und Ziegen in Weidehaltung. Und das in den Gebieten angrenzend an den Truppenübungsplatz Grafenwöhr – also in direkter Nachbarschaft zum Wolf. Ihm bereitet der Wolf deshalb große Sorgen.
Es ist ein ungutes Gefühl, wenn man in der Früh auf die Weide fährt, um nach seinen Tieren zu sehen. Man weiß immer, es könnte etwas passiert sein.
Sebastian Queck, Landwirt aus Freihung
Der Umgang mit dem Wolf – seit die Wolfspopulation in Bayern wieder zunimmt, nehmen auch die Diskussionen wieder zu. Ganz aktuell wegen eines Wolfes, der in Oberbayern zum Abschuss freigegeben werden soll. In die Oberpfalz ist der Wolf inzwischen längst zurückgekehrt. Momentan leben im Manteler Forst, auf den Truppenübungsplätzen Grafenwöhr und Hohenfels sowie im Veldensteiner Forst Wölfe. Aus Sicht des Landesbundes für Vogelschutz ist das aber kein Grund zur Sorge. Diese Wölfe seien bisher unauffällig, so Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV. Trotzdem heiße die Präsenz des Wolfes natürlich, dass Weidetiere geschützt werden müssten.
Der Schutz von Weidetieren: Das sei leichter gesagt als getan, so Sebastian Queck. Er betreibt Herdenschutz, hat zum Beispiel alle seine Weideflächen mit Elektrozäunen versehen. Doch das war aufwendig und teuer. Fördergelder kämen zum Teil erst ein bis zwei Jahre später beim Landwirt an, so Queck. Außerdem hätten Wölfe in der Vergangenheit Zäune auch immer wieder überwunden. Und auch Herdenschutzhunde sind für den Weidehalter aus Freihung nicht praktikabel. Für alle seine Tiere bräuchte er 15 Hunde. Herdenschutzmaßnahmen sind aus der Sicht des Schafhalters also keine Lösung. Er wünscht sich mehr Bewusstsein und Verständnis in der Gesellschaft für die Probleme der Weidetierhalter. Und von Seiten der Politik ein aktives Wolfsmanagement und eine Obergrenze für Wölfe. Außerdem müssten Abschussentscheidungen im Falle eines Falles schneller getroffen werden und dürften nicht durch bürokratische Hürden gebremst werden.
Dass Abschussentscheidungen zu lange dauern, dieser Meinung ist auch Dr. Schäffer vom LBV. Trotzdem betont er: Der Aktionsplan Wolf, ein gemeinsam erarbeiteter Kompromiss zwischen Naturschutzverbänden und Landwirten, müsse unbedingt eingehalten werden. Dies sei im Fall des Wolfes von Oberbayern nicht passiert.
Wenn wir jetzt anfangen, diese Richtlinien, die wir entwickelt haben, zu ignorieren und bei jedem einzelnen Tier wieder Diskussionen anfangen, dann lähmen wir uns. Das ist nicht nötig.
Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV
Das Tauziehen um den Schutz des Wolfes wird weitergehen – und die Diskussion wird wohl in jedem Fall auch eine emotionale sein.
(az)