Schweinefleisch ist im Islam „haram“. Gläubige Muslime dürfen es nur essen, wenn es um Leben oder Tod geht. Für viele heißt das auch, sie können nichts essen, das mit Schweinefleisch in Berührung gekommen ist – So wie Erol Oturan. Das Problem: Sein Tennisverein schafft sich einen neuen Wurstgrill an, den alle genießen können, bis auf ihn. Schnell kommt die Idee: Man könne doch für Erol einen zweiten Grill mit dazu bestellen. Aber aus diesem gut gemeinten Vorschlag entwickelt sich ein Streit, der Ehen, Freundschaften, und schlussendlich sogar den Vereinszusammenhalt selbst bedroht.
„Extrawurst“ ist aktuell das wohl meist gespielte Theaterstück Deutschlands. Die von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob ins Leben gerufene Satire erfreut sich großem Zuspruch, denn was als Komödie beginnt, entwickelt sich über zwei Stunden Spielzeit zu einem Stück, das viel zu Denken gibt. Aus Frage nach der Extrawurst wird eine Diskussion über Integration, Religion, und Demokratie selbst, die dem Zuschauer nichts vorgeigt. Anfangs bilden sich im Verein zwei Seiten – eine vermeintlich tolerante und intolerante. Aber diese Rollenverteilung löst sich schnell auf. Figuren zeigen ihre wahren Gesichter – eine richtige Seite gibt es in der Diskussion nicht.
Zuschauer spielen mit
Regisseurin Alexandra Marinescu und die Schauspieler zeigen sich begeistert vom Stück. Berkay Çetin, der Erol darstellt, hat selbst einen türkischen Migrationshintergrund und sieht das Stück als „Spiegel für die Gesellschaft“. Der Spiegel wird auch dem Publikum selbst vorgehalten, denn das Ende wird von ihm bestimmt. In einer vermeintlichen Vereinsabstimmung entscheiden die Zuschauer, ob Erol schlussendlich seinen eigenen Grill bekommen soll. Bei der Premiere in Weiden fällt die Abstimmung sehr eindeutig aus: Fast alle stimmen der Extrawurst zu. Vereinzelt zeigen sich aber Gegenstimmen, und auch die Schauspieler selbst sind sich nicht ganz einig.
Ob das alternative Ende, das Erol keinen zweiten Grill widmet, auch einmal ins Spiel kommt, muss sich erst noch zeigen. Dafür gibt es aber auch noch genug Zeit – die nächsten Vorstellungen stehen am 01. und 02. März in Tirschenreuth an. Und auch danach geht es noch lange weiter für „Extrawurst“ – quer durch die Oberpfalz.
(sb)