7,8 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer Schwerbehinderung – also mehr als 9 Prozent. Als schwerbehindert gilt, wer einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent hat. Auch diese Menschen haben natürlich Recht auf einen Arbeitsplatz – das ist auch im Gesetz verankert. Unternehmen sind in Deutschland verpflichtet, auf fünf Prozent ihrer Arbeitsplätzen schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Im Landesamt für Pflege in Amberg hat sogar jeder zehnte Mitarbeiter eine schwere Behinderung – das Amt will eine Vorreiterrolle auf dem Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft einnehmen.
Diagnose mit 16 Jahren
Dominik Beutner zum Beispiel arbeitet seit 2020 am LfP und bearbeitet dort Förderanträge. Der heute 33-Jährige hat mit 16 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose bekommen. „Ich habe am Anfang ein leichtes Kribbeln in den Fingerspitzen gespürt. Mit der Zeit wurde dann meine ganze Hand und dann auch der Arm taub. Als meine Mutter und ich dann ins Krankenhaus gefahren sind, war die Diagnose recht schnell da.“, erinnert er sich. Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich bei jedem Erkrankten mit anderen Symptomen äußern kann. Dominik lebt seit einem besonders schweren Schub vor 12 Jahren mit einer Gehbehinderung.
Inklusiven Arbeitgeber gefunden
Der 33-Jährige ist medikamentös inzwischen gut eingestellt und hat gelernt, mit der Krankheit zu leben – auch an seinem Arbeitsplatz. Dominik arbeitet seit 2020 im Landesamt für Pflege in Amberg und ist für die Bearbeitung von Förderanträgen zuständig. Vor dieser Anstellung hat er seine Erkrankung in Bewerbungsgesprächen aber verheimlicht – aus Angst vor Diskriminierung. „Ich war schon der Meinung, dass wenn ich meine Krankheit offen kommunizieren würde, mir das Probleme auf meinem Arbeitsweg bereiten würde. Deswegen habe ich mir ein Lügengerüst aufgebaut und nichts von der Multiplen Sklerose erzählt“.
Quote von 10 Prozent am LfP
Inzwischen geht Dominik aber ganz offen mit seiner Erkrankung um. Im LfP ist er einer von 22 Mitarbeitern mit einer Schwerbehinderung. Damit liegt die Schwerbehindertenquote hier bei rund 10 Prozent. Für den Leiter des Amtes Achim Uhl eine Frage der Überzeugung. „Wir sind noch nicht bei einer komplett inklusiven Gesellschaft angekommen. Um dahin zu kommen, ist Integration wichtig, auch am Arbeitsplatz. Unsere Integration von Menschen mit Behinderung hier am Landesamt für Pflege ist ein Schritt in die richtige Richtung.“
Mit Unterstützungsangeboten zu mehr Barrierefreiheit
Um auch den Mitarbeitern mit einer Schwerbehinderung einen nahezu normalen Arbeitsalltag möglich zu machen, geht das Landesamt auf die individuellen Bedürfnisse der Angestellten ein. „Zum Beispiel mit angepassten Büromöbeln, viel Bewegungsraum für Menschen im Rollstuhl oder auch spezielle Monitore für Menschen mit einer Sehbehinderung.“, erklärt Achim Uhl. Für Dominik zum Beispiel ist Barrierefreiheit das wichtigste: Dank kurzer Wege und natürlich der Aufzüge kommt er hier problemlos überall hin. Und dank flexibler Arbeitszeiten und Homeoffice-Regeln kann er auch Arzt– und Ergotherapie-Termine gut wahrnehmen.
Engagement in der Schwerbehindertenvertretung
Dominik setzt sich im Landesamt auch für die Anliegen seiner Kollegen ein: Er ist Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung und hat ein offenes Ohr für alle Probleme. „Im Rahmen dessen bin ich auch bei Bewerbungsgesprächen dabei, wenn Bewerber mit Behinderung sich das wünschen. Ich will ihnen das Gefühl geben, dass sie ihre Anliegen und Probleme offen mitteilen können.“, erklärt Dominik.
Gesetzliche Quote oft nicht erfüllt
Unternehmen in Deutschland müssen fünf Prozent ihrer Stellen an Menschen mit Schwerbehinderung vergeben – 2021 erfüllten nur 39 Prozent aller Arbeitgeber diese gesetzliche Vorgabe. Wird die Fünf-Prozent-Vorgabe nicht oder nur zum Teil erfüllt, wird für die Arbeitgeber eine Ausgleichsabgabe fällig. Damit die Arbeitswelt in Zukunft für alle inklusiver wird, hat Dominik vor allem einen Wunsch. „Ich würde mir wünschen, dass eine Behinderung nicht automatisch mit geringerer Arbeitsleistung assoziiert wird. Auch wegen des Fachkräftemangels ist es wichtig, die Fähigkeiten eines jeden einzelnen zu erkennen und zu nutzen.“
(az)