Neun Uhr morgens in der Weidener Innenstadt. Tarek Younis sperrt seinen Laden auf – wie jeden Morgen. Die Kaffeerösterei hat er vor rund drei Jahren eröffnet. Tarek kam Ende 2014 mit seiner Frau und seinen vier Kindern als Kontingentflüchtling nach Deutschland. Nachdem sich die Lage in ihrem Heimatland Syrien zugespitzt hat, musste er aus Angst um sein Leben und das seiner Familie flüchten.
In Syrien führte Tarek vierzig Jahre lang drei Geschäfte – unter anderem auch eine Kaffeerösterei. All das und das Haus der Familie mussten sie bei ihrer Flucht zurücklassen. Ihre Heimat – die Stadt Homs – wurde vom Krieg besonders hart getroffen. In den Überresten ihres zerstörten Hauses haben Nachbarn Familienfotos gefunden und nach Deutschland geschickt. Für die Zukunft wünsche sich Tarek, dass in Syrien Frieden herrscht. Und dass dort ein demokratisches System aufgebaut wird, wie es in Deutschland der Fall ist. Das schätze der 64-Jährige auch an seiner neuen Heimat am meisten. Hier herrsche Freiheit.
Das Geschäft in der Schulgasse sei für Tarek nicht nur wichtig gewesen, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen, sondern auch, um die Ausbildung seiner Kinder zu unterstützen. Die Familie möchte nicht von Sozialhilfe leben, sondern ihr eigenes Geld verdienen. Sohn Ziad studiert Bauingenieurwesen und arbeitet nebenbei bei der Deutschen Post.
Momentan ist die größte Herausforderung für mich mein Studium. Aber das ist eine Herausforderung für jeden Studenten und nicht nur für Ausländer. Und die größte Herausforderung, die ich hatte, als ich nach Deutschland gekommen bin, war die Sprache.
Ziad Youni, Student Bauingenieurwesen
Auch für Papa Tarek ist Deutschlernen eine Herausforderung. Mit zunehmendem Alter sei es schwieriger, sich eine neue Sprache anzueignen. Seinen Geschäftsalltag könne er allerdings mit seinem Sprachniveau gut meistern. Integrationslotse Manfred Weiß kennt die Familie bereits seit 2016. Integration biete viele Chancen für die Gesellschaft, ist er überzeugt. Deshalb müsse auch mehr getan werden.
Also Integration wird vom Land und vom Bund und auch von den Kommunen nicht so ernst gesehen. Und da erwarte und hoffe ich in der Zukunft – auch von der neuen Bundesregierung in der Zukunft – dass wir uns das Thema einfach intensiver annehmen. Dass wir langfristiger denken. (…) Dass wir es schaffen ein Willkommens- und Integrationsmanagement aufzubauen.
Manfred Weiß, Integrationslotse Diakonie Weiden
Laut Manfred Weiß lassen sich Vorurteile gegenüber Geflüchteten leicht bekämpfen. Die Menschen müssten aufeinander zugehen und sich kennenlernen. Die Familie Younis beispielsweise ist sehr gastfreundlich. Jeder Kunde im Laden bekommt selbst gemachtes Gebäck. Nach sechs Jahren in Deutschland fühlt sich die Familie angekommen. Für Ziad ist Deutschland jetzt sein zweites Heimatland. Trotzdem denke er oft an Syrien und hofft, eines Tages wieder seine alte Heimat besuchen zu können – wenn es die politische Lage im Land zulässt.
Auch wenn die Familie Younis ein paar Herausforderungen bewältigen musste, ist sie inzwischen gut integriert und hat in der Oberpfalz ein zweites, sicheres Zuhause gefunden.
Die Kaffeerösterei in Weiden finden Sie in der Schulgasse 8. Tarek hat Montag bis Sonntag von 9-20 Uhr geöffnet. Im Sommer öffnet er seinen Laden bereits ab 8 Uhr. Am Samstag kocht er sogar Falafel und es gibt selbst gemachten Hummus.
(lw)