Nina Schütz aus Amberg fotografiert vergessene oder verlassene Orte, sogenannte „Lost Places“. Heute besucht sie drei solcher Orte im Markt Schmidmühlen. Erster Halt: das alte Lagerhaus an den Gleisen. Das steht mittlerweile bereits seit einigen Jahrzehnten leer. An der ehemaligen Lagerhalle begeistere sie, dass diese zum Großteil aus massivem Holz besteht. Vor einigen Jahren wurde das Gebäude genutzt, um Küken, Pferde, Hunde oder auch Weinbergschnecken zwischenzulagern. Denn die Gleise neben der Lagerhalle waren früher mit der Eisenbahn, die durch das Vilstal führte, verbunden. Etwas über die Geschichte der verlassenen Orte zu erfahren, dass gehört für Nina zur Erfahrung dazu.
Vor Ort nimmt sich Nina zuerst etwas Zeit, um sich umzuschauen und zu beobachten. Erst wenn sie den Ort ausgiebig erkundet hat, greift sie zu ihrer Kamera. Meist verbringe sie beinahe den ganzen Tag an einem „Lost Place“. Sich genügend Zeit zu nehmen sei ihr wichtig. Nur dann lassen sich auch kleine Details wahrnehmen.
Direkt gegenüber der Lagerhalle liegt ein weiterer verlassener Ort: der Getreidespeicher der BayWa. Dieser wurde etwa seit den 60er-Jahren genutzt und steht erst ein paar Jahre leer. Fotos von verlassenen Orten zu machen und nicht etwa von touristischen Orten – diese Entscheidung habe sie ganz bewusst getroffen.
Diese Orte sind noch sehr verborgen und die kennt fast keiner und ich habe mir gedacht, ich zeige einfach mal Orte, die so nicht unbedingt zu sehen sind. (…) Ich fotografier einfach gern und kann das hier mit den Geschichten der Orten verbinden.
- Nina Schütz, Fotografin
Diese außergewöhnlichen Motive hält Nina in Bildbänden fest. 2017 hat sie den ersten veröffentlicht – bald erscheint ihr drittes Buch. Die Idee ein Bildband zu „Lost Places“ zu veröffentlichen, stammt von ihren Followern auf Facebook. Dort teilt Nina die Fotos, die sie bei ihren Ausflügen macht.
Der dritte und letzte Halt: der „Goldene Anker“, ein ehemaliges Gasthaus. Das Gebäude blickt auf eine lange Geschichte zurück: Es wurde bereits 1532 als Lagerhaus des Marktes und der Nürnberger Kaufleute errichtet. Damals reisten viele Menschen nach Schmidmühlen – der Markt galt als kleines Handelszentrum. Etwa im Jahre 1840 wurde das Gebäude zu einem Gasthaus. Seit den 1980er-Jahren ist auch dies Geschichte. Orte wie hier in Schmidmühlen findet Nina durch intensive Recherche. Oft liest sie alte Zeitungsartikel und wendet sich dann an die Bürgermeister der Heimatpfleger des Ortes.
Solche Orte sind oft nicht so einfach zugänglich. Dies gehöre aber auch zum Abenteuer dazu, einen „Lost Place“ zu besuchen. Sie gehe aber nur an Orten, wo sie auch die Genehmigung bekommt, dort hinzugehen und zu fotografieren. Einfach irgendwohin gehen, dass macht sie nicht.
Wenn Nina einen Ort besucht, dann beschäftigt sie dieser auch noch eine Weile lang. Sie denkt darüber nach, was dort einmal war und wie es wohl ausgesehen hat. Sie stellt sich aber auch die Frage, was man aus dem Ort noch machen könne. Jeder Ort sei etwas Besonderes und könne eine einzigartige Geschichte erzählen, findet sie.
Fotos von „Lost Places“ hat Nina inzwischen zwar viele gesammelt, die Faszination, sich an solche Orte zu begeben, bleibt trotzdem bestehen. In der heutigen schnelllebigen Zeit ist es schön, wenn wenigstens an manchen Orten die Zeit still steht.
(lw)