Rund 1.000 Flüchtlinge pro Monat registriert die Regierung der Oberpfalz. „Die Anker-Einrichtungen sind voll, wir brauchen dringend Platz für die Anschlussunterbringung“, schilderte Regierungspräsident Walter Jonas die aktuelle Situation im Regierungsbezirk. Man stehe unter Zugzwang, so Jonas. Bei den aktuellen Zahlen an ankommenden Flüchtlingen wären die Kapazitäten noch vor Weihnachten erschöpft. Der so genannte Winternotfallplan könnte diesen Winter zum Tragen kommen. Innerhalb sehr kurzer Zeit müssten dann pro Landkreis rund 100 Flüchtlinge angemessen untergebracht werden.
Wie alarmierend die Lage ist, zeigte der Amberg-Sulzbacher Landrat und zugleich Sprecher der Oberpfälzer Landräte Richard Reisinger auf. Er hatte sich bereits vor ein paar Tagen an die Öffentlichkeit gewandt, um auf die Situation aufmerksam zu machen und die Menschen erneut aufgerufen, Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.
Der Landkreis Amberg-Sulzbach stehe exemplarisch für alle Oberpfälzer Landkreise, fasste es der Chamer Landrat und Bezirkstagspräsident Franz Löffler zusammen. Er bemängelte das Agieren der Ampelkoalition in Berlin. Das geplante Einbürgerungsgesetz der SPD-Innenministerin Nancy Faeser sei gegensätzlich zur Realität. „Qualifizierte und geordnete Zuwanderung in den Arbeitsmarkt unterstütze ich sehr wohl – aber nicht ungeordnete und nochmals erleichterte Migration“, so Löffler. Er regte deshalb einen bayerischen Flüchtlingsgipfel mit der Staatsregierung und den Kommunalen Spitzenverbänden an. Dort soll die tatsächliche Lage in den bayerischen Landkreisen dargestellt werden.
Einer dieser Kommunalen Spitzenverbände ist der Bayerische Landkreistag. Dieser kritisiert laut Andrea Degl, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistags die Wahrnehmung des Bundes und der EU-Kommission, dass Deutschland und Bayern weitere Flüchtlinge aufnehmen könnte. Mit einem Schreiben an EU-Kommissare, Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann soll unter anderem eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge angemahnt werden.
Die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger begrüßt ein konzertiertes Vorgehen, um in Berlin Gehör zu finden. Der Hilferuf der Landkreise müsse bei der Bundesregierung ankommen und ernst genommen werden.
Windkraft: Kein investorengesteuerter Wildwuchs
Ein weiteres Thema der Landrätetagung: die Windkraft. Einigkeit herrschte bei den Landräten, dass die Energiewende erforderlich ist und vorankommen muss. Der Neumarkter Landrat Willibald Gailler verwies auf die positive Stimmung in der Bevölkerung und die Aufgabe der Landkreise, ihren Beitrag zu leisten. Allerdings dürfe es bei Windrädern keinen „investorengesteuerten Wildwuchs“ geben und Landkreise wie Kommunen müssten das Heft des Handelns in der Hand behalten, so der Schwandorfer Landrat Thomas Ebeling. Die Windkraft trage außerdem nicht automatisch zur Netzsicherheit bei, merkte Ebeling kritisch an.
Für den Regionalen Planungsverband Oberpfalz-Nord, die Landkreise Schwandorf, Amberg-Sulzbach, Neustadt und Tirschenreuth, gibt es derzeit noch keinen Regionalplan. Windräder könnten somit theoretisch überall gebaut werden. Der Neustädter Landrat Andreas Meier, zugleich Vorsitzender des Regionalen Planungsverbandes Oberpfalz-Nord, erklärte, dass man gezwungen sei, die Flächenquote des Wind-an-Land-Gesetzes der Bundesregierung zu erfüllen und es nun die Aufgabe sei, passende Flächen zu finden, wo Windkraft möglich sei. Die Kommunen wurden deshalb bereits vor einiger Zeit mit ins Boot geholt, Flächen zu benennen. Meier kritisierte zudem die durch die Bundesregierung verursachte Dynamik und dass vieles nicht hinterfragt würde. Auch sein Tirschenreuther Kollege Roland Grillmeier bemängelte die fehlende Zeit für eine gezielte Planung von Windkraftanlagen in der Region.
Neuer Geschäftsführer Oberpfalz Marketing vorgestellt
Zum Abschluss der Landrätetagung stellte sich der neue Geschäftsführer von Oberpfalz Marketing vor. Thomas Harmsen übernahm Anfang September die Amtsgeschäfte. Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Weiterentwicklung der Oberpfalz zu einer Marke 4.0, die die Potenziale des Gemeinschaftsraumes herausstellt und die Region noch besser sichtbar machen soll. Zudem soll es im kommenden Jahr ein Innovationsfest geben. Für 2025 ist zudem wieder ein Oberpfalztag geplant, wie er dieses Jahr im Mai auf dem OTH-Gelände in Amberg stattgefunden hatte.