Eigentlich sollte mich so etwas gar nicht mehr überraschen. Aber ich war dann eben doch erstaunt darüber, wie viele negative Kommentare wir auf die Verkündung, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seinen Amtssitz für drei Tage nach Weiden verlegt, bekommen haben.
Steinmeier ist das Staatsoberhaupt Deutschlands. Und doch hat er im Grunde nur formelle und repräsentative Aufgaben. Bundespräsidenten wie er oder Vorgänger wie Johannes Rau, Roman Herzog oder Richard von Weizsäcker sind in der Regel keine umstrittenen Politiker. Keine, die den Streit suchen, die sich angreifbar machen. Sondern Politiker, die ruhig und sachlich, fernab jeglichen Kampfes um Macht und Prozentpunkte diskutieren und Menschen wieder zusammenbringen. Dass selbst also die Nachricht des Steinmeiers-Besuch solch – sagen wir es mal vorsichtig – kritischen Kommentare verursacht, zeigt, wie kritisch viele Menschen inzwischen gegenüber dem politischen System Deutschlands sind.
Und das weiß Steinmeier. Deswegen spricht er immer wieder und noch immer von der Coronapandemie, die die Gesellschaft entzweit hat Deswegen kommt er ja auch nach Weiden oder andere kleine bis mittlere Städte quer durch Deutschland. Er will die Kluft zwischen Berlin und vor allem den politischen Entscheidungen Berlins, und den Sorgen und Nöten der Menschen fern von Berlin schließen. Das ist notwendig, das macht Steinmeier auch und das ist gut.
Na klar, kann man darüber streiten, ob man diese Veranstaltung in einzelnen Punkten anders gestaltet. Ob zum Beispiel eine offene Diskussion mit Bürgern sinnvoller wäre als eine mit vorher ausgewählten Menschen. Ob die Gespräche mit kommunalen Politikern, die die Sorgen und Nöte der Stadt auf den Punkt bringen, und die Antworten des Präsidenten darauf nicht auch öffentlich sein müssten.
Ja, es gibt viele Menschen, die sagen: Der Bundespräsident sei überflüssig, koste dem Staat mit allem Drum und Dran im Jahr fast 45 Millionen Euro.
Aber: Egal, ob ich mit eben diesen Lokalpolitikern spreche, die beim Gespräch dabei waren, oder mit Menschen, die Steinmeier auf den Weg durch die Fußgängerzone getroffen haben oder mit Jugendlichen im Plan B – sie alle waren von Steinmeier begeistert. Sie alle haben ein Stück mehr Vertrauen und Freude an unserem politischen System gefunden, an unserer Demokratie. Sie alle haben Kraft getankt, sich den Diskussionen zur Verteidigung unserer Demokratie und unserer Werte zu stellen. Allein deswegen hat sich der Besuch gelohnt.
(mz)