Mi, 22.04.2020 , 09:34 Uhr

Oberpfalz: Bürgerinitiativen fordern Moratorium beim Netzausbau

Bürgerinititaiven kritisieren die Beteiligung beim Netzausbauverfahren in der Coronakrise:

Scheinbeteiligung beim Planungsverfahren von Höchstspannungstrassen im Schatten von Corona muss abgelehnt werden

Aufgrund der Corona-Pandemie können Erörterungstermine gemäß § 15 NABEG nicht stattfinden- Von Seiten der Vorhabenträger wurden nun die Teilnahmebedingungen an den Planungen im Eiltempo geändert. Ungeachtet der weltweiten Krise, die nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche betrifft, versuchen Bundesnetzagentur und Übertragungsnetzbetreiber, das Netzausbau-Verfahren mit „vorläufigen Untersuchungsrahmen“ über Online-Ersatzlösungen, per Post oder Telefon anstelle von Informationsveranstaltungen und öffentlichen Terminen beim Beteiligungsverfahren zu beschleunigen. Wer diese Teilnahmebedingungen aus technischen oder privaten Gründen nicht erfüllen kann, wird von dem einfach weiterlaufenden Verfahren ausgeschlossen und damit in unzulässiger und rechtswidriger Weise diskriminiert.
Das Konzept der vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung beruht auf gemeinsamen Veranstaltungen, Erörterungstermine dienen dem Austausch zwischen Einwendern und Vorhabenträgern. „Es ist in höchstem Maße unanständig, dass die Bundesnetzagentur und Übertragungsnetzbetreiber die Ausnahmesituation im Schatten von Corona dazu nutzen wollen, das Verfahren unter erschwerten Bedingungen voranzutreiben“, kritisiert die Sprecherin des bundesweiten Bündnisses der Trassengegner-Bürgerinitiativen, Dörte Hamann. „Die Bürgerinitiativen von Südlink, Südostlink, Ostbayernring, Ultranet und Juraleitung stehen deshalb in ihrem Protest gegen den überdimensionierten Netzausbau weiterhin geschlossen zusammen. Wir lehnen die Schein-Beteiligung beim Netzausbau-Verfahren im Schatten von Corona entschieden ab und fordern die Vorhabenträger auf, die Planungen auszusetzen, wenn Erörterungstermine nicht vollumfänglich durchgeführt werden können.“

Pervertierte Öffentlichkeitsbeteiligung

„Eine Öffentlichkeitsbeteiligung ohne Öffentlichkeit ist absurd und stellt das gesamte Planungsverfahren in Frage“, stellt Maria Quanz, Vorsitzende des Bundesverband Bürgerinitiaiven gegen Suedlink (BBgS), fest. „Es versteht sich von selbst, dass die Corona-Krise auch zu einem Umdenken beim Netzausbau führen sollte. Jetzt einfach mit einer pervertierten Öffentlichkeitsbeteiligung fortzufahren, lässt erahnen, dass die Trassen-Planer unter einem großen zeitlichen Druck stehen. Das berechtigt sie jedoch nicht dazu, einfach zu ignorieren, dass wir alle uns in einer Ausnahmesituation befinden, die dazu führt, dass viele Menschen vor gravierenden privaten, beruflichen oder gesundheitlichen Herausforderungen stehen, die eine Teilnahme an dem Verfahren erschweren oder gar unmöglich machen. Es ist inakzeptabel und rechtswidrig, dass von Seiten der Planer von einem Einverständnis ausgegangen wird, wenn die Bürgerinnen und Bürger, Umweltverbände, Kommunen und sonstige Träger öffentlicher Belange es innerhalb der kurzen Fristen nicht schaffen, Widersprüche gegen die Planungen einzulegen, frei nach dem Motto: Meldet euch oder Ihr seid raus!“.

Umdenken auch beim Klimaschutz, krisenfeste Versorgungsstrukturen schaffen

Die Corona-Krise zeigt: Ein politisches und gesellschaftliches schnelles Umdenken ist machbar. Das bundesweite Bündnis der Trassengegner fordert dieses Umdenken auch für den dringend notwendigen Klimaschutz. Ein regionaler Ausbau von Erneuerbaren Energien anstelle eines europäischen „Supergrid“ führt zu mehr Versorgungssicherheit.

Sprecherin Dörte Hamann: „Wozu eine Gesellschaft imstande ist, um im Notfall lebensrettende Maßnahmen vorzunehmen, obwohl sie das gewohnte Leben sogar auf den Kopf stellen, sehen wir derzeit jeden Tag aufs Neue. Das ist eine positive Lehre, die wir aus der jetzigen Situation ziehen sollten. Krisen bewältigen wir nur mit schnellen und radikalen Maßnahmen. Der Klimawandel ist eine lebensbedrohliche, weltweite Krise. Deshalb fordern wir ein grundsätzliches Moratorium beim Netzausbau und stattdessen eine Offensive beim verbrauchsnahen und zeitnahen Ausbau von Erneuerbaren Energien und Speichern. Das ist volkswirtschaftlich sinnvoll und schafft Arbeitsplätze. Die Energiewende-Blockade der Bundesregierung muss sofort beendet werden. Das erfordert keinen Mut, sondern lediglich Vernunft. Politisches Handeln darf sich nicht länger daran orientieren, was ein paar wenigen Konzernen hohe Renditen beschert. Beim geplanten überdimensionierten Netzausbau geht es um einen profitgetriebenen Stromhandel und um den Machterhalt über die europäischen Energiemärkte mit Hilfe von zentralistischen Strukturen. Die Versorgungssicherheit durch eine verbrauchsnahe und umweltschonende Energieerzeugung steht dabei nicht ausreichend im Fokus. Das ist ein Spiel mit dem Feuer.“

(Quelle: Pressemitteilung Aktionsbündnis gegen die Süd-Ost-Trasse)

 

(Bildquelle: Symbolbild)

(vl)

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