Menschen, die sich gegen Polizeikräfte stellen, sich an Bauzäunen festketten, lautstark demonstrieren. Solche Szenen sind vielen Oberpfälzern von den Protesten gegen die Atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf in Erinnerung. Die Demonstrationen in den 80-er Jahren sind zu einem bekannten Beispiel für zivilen Ungehorsam geworden. Heute widersetzen sich wieder Aktivisten den Regeln, kleben sich an Flugzeuge und blockieren Straßen – für mehr Klimaschutz. Eine Klimaaktivistin aus Rothenstadt bei Weiden ist deswegen nun im Gefängnis in München. Das sorgt auch hier in der Region für Diskussionen.
„Aktivisten werden behandelt wie Verbrecher“
Ronja Künkler aus Rothenstadt ist Politikwissenschafts-Studentin, Musikerin und Klimaaktivistin, die sich auch immer wieder an Protesten der Letzten Generation beteiligt. Sie ist nun in Präventivhaft in der JVA Stadelheim in München, insgesamt zwei Wochen lang. Damit ist sie eine von 27 Aktivisten, die momentan im Gefängnis sitzen. Für ihre Eltern und weitere Unterstützer in der Heimat in Unding. „Ich finde es einfach nicht richtig, dass Menschen, die sich nur für Klimaschutz und Demokratie einsetzen, so behandelt werden wie Verbrecher.“, erklärte Ronjas Vater Hans-Peter Pauckstadt-Künkler gegenüber OTV. „Das ist einfach ungerecht.“
Demonstration in Weiden für Solidarität mit Ronja
Ronjas Eltern hatten zu einer Demonstrationen in Weiden aufgerufen, um die Solidarität und Unterstützung für ihre Tochter sichtbar zu machen. Sie kritisieren das Polizeiaufgabengesetz scharf, das solche Präventivfestnahmen möglich macht. Trotz der umstrittenen Aktionen der letzten Generation stehen sie hinter ihrer Tochter. „Ich bewundere das mittlerweile“, erklärte Ronjas Mutter Sigrid Künkler. „Ich bewundere es, dass sie so dafür einsteht, woran sie glaubt.“
An der Demonstration beteiligt haben sich auch Grünen-Politiker Ali Zant und Laura Weber sowie Mitglieder von Fridays for Future. Die Teilnehmer sehen den Streit um die Klimakleber durchaus auch differenziert. „Sich an die Straße zu kleben, finde ich persönlich problematisch“, so zum Beispiel eine Demonstrationsteilnehmerin. „Aber ich bin dafür, dass man lautstark demonstrieren darf und ich bin ganz klar dagegen, dass die Leute eingesperrt werden. Das ist unmöglich.“
Söder und Polizei verteidigen Maßnahmen
Ganz anderer Meinung ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, gegen den sich die Proteste der letzten Generation unter anderem richten. Er positionierte sich erst kürzlich beim Wiesenfest in Kemnath wieder klar, was den Umgang mit Klimaklebern angeht. „Es wird gefährlich, wenn Rettungskräfte nicht mehr durchkommen. Bei uns in Bayern wird es keinen Rabatt für Klimakleber geben. Wer den Rechtsstaat herausfordert, muss mit Konsequenzen rechnen.“
Auch das Polizeipräsidium München verteidigt den harten Umgang mit den Aktivisten. Mehr als 200 Beamte müssten in München aktuell täglich eingesetzt werden – nur wegen unangekündigter Straßenblockaden. Thomas Hampel, Präsident des Polizeipräsidiums München, appellierte an die Aktivisten:
„Durch Ihr verantwortungsloses Vorgehen gefährden Sie nicht nur sich selbst, sondern auch das Leben von Menschen, die dringend auf schnelle Hilfe angewiesen sind. Sie nehmen in Kauf, dass sowohl Verkehrsteilnehmer als auch Einsatzkräfte sowie unbeteiligte Personen durch die Folgen der Blockaden gefährdet werden.
Wenn Sie Ihre Aktionen in dieser Form weiter durchführen, bleibt der Polizei zur Erfüllung ihres Schutzauftrags für die Bevölkerung nichts anderes übrig, als zur Abwehr dieser geschilderten Gefahren und zur Verhinderung der fortgesetzten Begehung von weiteren Straftaten alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel gegen Sie auszuschöpfen. Dies beinhaltet auch die längerfristige Gewahrsamnahme von Personen.“Thomas Hampel, Präsident des Polizeipräsidiums München
„Wir haben alles anderen bereits versucht“
Sind die Proteste der Letzten Generation unverhältnismäßig – oder ist es die Reaktion des Gesetzgebers? Es sind Fragen, die polarisieren. Für die Demonstranten in Weiden ist klar: Die Klimakleber hätten vorher bereits alles andere versucht. „Wir haben demonstriert, Briefe geschrieben, waren auch in Weiden bei Versammlungen dabei. Was ist passiert? Nichts. Was sollen die Leute noch machen?“, so Karin Fichtner von Fridays for Future Weiden. Dieses Gefühl der Ohnmacht ist es, das die Klimaaktivisten wohl weiter auf die Straßen treiben wird – auch wenn sie dafür im Gefängnis landen.
(az)