Wieder genesen, aber trotzdem nicht gesund: Viele Menschen leiden nach einer Covid-19-Erkrankung an Langzeitfolgen. In Selbsthilfegruppen können sich Betroffene austauschen.
Im April 2020 erkrankt Birgit Birner aus Hirschau an Covid-19. Über Tage hinweg liegt sie mit 40 Grad Fieber und einer Lungenentzündung zu Hause. Nach einer Weile geht es ihr wieder besser, aber wirklich gesund ist sie nicht. Sie leidet wie viele andere Corona-Erkrankte an Long Covid. Symptome wie Reizhusten, Kurzatmigkeit, Ermüdung und Erschöpfung beeinflussen ab sofort ihren Alltag. Auch heute noch 15 Monate später. Früher sei sie sehr sportlich gewesen. Heute könne sie hingegen keinen Berg mehr ohne ihr E-Bike bezwingen.
Auf Rat ihres Hausarztes geht sie auf Reha in die Espan-Klinik in Bad Dürrheim. Dort trifft sie auf andere Betroffene, die auch noch mit den Folgen einer Corona-Erkankung zu kämpfen haben, wie Karl Baumann. Dort stellen sie fest, dass Corona-Erkrankte auch nach mehrwöchigem Reha-Aufenthalt noch nicht gesund sind. Gemeinsam mit Günter Diehl, dem leitenden Psychologen der Espan-Klinik, entwickeln sie die Idee zur Gründung einer Selbsthilfegruppe. Birgit Birner unterstützt das Vorhaben und den Aufbau der Selbsthilfegruppe. Mittlerweile gibt es vier Gruppen allein in Bayern – Tendenz steigend. Denn beinahe täglich erreichen sie Nachrichten von Menschen, die auch an Long Covid leiden. Die Selbsthilfegruppen treffen sich immer einmal monatlich virtuell. Die Meetings sind eigentlich für eine Stunde angedacht. Meistens dauern sie aber länger. Der Austausch untereinander und das Teilen von Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten sei sehr wertvoll.
Auch dass andere Verständnis haben für das, was man gerade durchmache, sei ein wichtiger Aspekt der Selbsthilfegruppe, erklärt Günter Diehl. Er begleitet die Gruppen als Psychologe. Vielen Betroffenen falle es schwer, anderen zu vermitteln, wie es ihnen gerade gehe. Außenstehende könnten nur schwer begreifen, mit welchen Problematiken Long-Covid-Patienten zu kämpfen haben. Für Günter Diehl werde noch zu wenig über die Folgen einer Corona-Erkrankung berichtet. Die Folgen würden nicht nur den Erkrankten betreffen, sondern auch sein soziales Umfeld. Deshalb wünsche er sich, dass den massiven psychischen Auswirkungen, die auch das gesamte Umfeld des Erkrankten betreffen, mehr Beachtung geschenkt wird. Damit Unterstützungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Birgit Birner hat inzwischen gelernt, besser mit ihrer Krankheit umzugehen. Dass sie irgendwann wieder zu 100 Prozent gesund wird, daran glaubt sie allerdings nicht. Sie sei aber froh darüber, durch die beständige Therapie so weit gekommen zu sein, wie sie es jetzt gerade ist.
(lw)