Explosionen, Schusswechsel, lautstarke Befehlrufe. So beginnt er: der Angriff auf einen NATO-Versorgungsstützpunkt in Hohenfels. Es ist kein echter Angriff, trotzdem liegen die Nerven der Soldaten blank.Erwartet hat diesen Angriff keiner. Die US-Army-Soldaten betreiben den Stützpunkt seit mehreren Tagen im Rahmen der Übung „Combined Resolve“. Was genau in dieser Übung passiert, wissen nur die Verantwortlichen.
4000 NATO-Soldaten sind auf den gesamten Truppenübungsplatz verteilt. Dazwischen versteckt sich eine Oppositionsarmee aus 800 fest in Hohenfels stationierten US-Truppen. Sie bilden die Gegenspieler der NATO, und kennen das Gelände gut. Die NATO-Truppen haben also alle Hände voll zu tun. Einen unberechenbaren Gegner zu haben, der frei entscheiden kann, wo und wie er angreift, ist für die übenden Truppen besonders wertvoll. Statt nur auf statische Ziele zu schießen, müssen sie hier entscheiden, wie sie auf die Oppositionskräfte reagieren wollen – und das meist blitzschnell.
Hohenfels ist die größte Manövertrainingsanlage der US-Army. Übungen wie Combined Resolve finden hier regelmäßig statt. Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Training der Soldaten bieten sich dabei viele. Improvisationsfähigkeit, Einsatzbereitschaft, aber auch Kommunikation und Kooperation, vor allem unter NATO-Partnern, werden hier geschult.
Finnen im Kommandostand
Ein solcher Partner ist die finnische Armee. Als neuestes NATO-Mitglied steht sie besonders im Fokus der Übung. Zusammen mit US-Amerikanern und Rumäniern bilden die finnischen Soldaten den HICOM – die oberste Heeresleitung. Die Finnen nehmen zum ersten Mal als NATO-Mitglied an der Übung teil. Zuvor waren sie nur als Partner und Beobachter vor Ort. An der Seite der erfahrenen NATO-Mitgliedern gibt es aber viel zu lernen – aber das geht in beide Richtungen. Auch die finnische Armee bringt Erfahrungen mit, die der NATO helfen können.
Neben den Soldaten im Kampf und den Offizieren in der Heeresleitung gibt es schlussendlich noch eine dritte Gruppe, deren Fähigkeiten getestet werden. Auch neue Technologien werden bei den Übungen häufig auf die Probe gestellt, so wie eine Schwertransport-Drohne, die knapp 70 Kilo Nachschub an die Front liefern kann. Wenn es um den Verletztentransport geht, dann kommen aber vorerst noch Muskelkraft und Räder zum Einsatz. Das wurde bei der Übung jedenfalls gut genug geprobt – denn ohne simulierte Verletzte kommt so ein simuliertes Feuergefecht nicht aus.
(sb)