Plötzlich waren Schule und Kindergarten geschlossen – für viele Eltern eine belastende Situation. Besonders betroffen waren dabei Menschen mit Behinderung und deren Familien. In diesen mussten manche Eltern plötzlich Lehrer, Pfleger und Therapeut in einem sein. Wie das Leben von Menschen mit Behinderung während des Corona-Lockdowns aussah – das will eine Studie im Landkreis Tirschenreuth jetzt näher untersuchen.
Denn diese gesellschaftliche Gruppe sei während der Krise in der öffentlichen Diskussion zu wenig beachtet worden, sind Christina Ponader und Friedrich Wölfl überzeugt. Sie stehen als Initiatoren hinter der Studie. Die gesellschaftliche Errungenschaft der Inklusion sei während der Pandemie ziemlich „platt gemacht“ worden, so Ponader. Aus guten Gründen zwar. Doch mit der Studie will man Vorschläge erarbeiten, wie es in der nächsten Krise besser laufen kann.
Pfleger versuchten Kontakt aufrecht zu erhalten
Über Fragebögen sowie über persönliche Gespräche sollen verschiedene Gruppen zu ihren Erfahrungen der vergangenen Monate befragt werden: Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, deren Angehörige sowie Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen. Nicht zuletzt auch, weil der Landkreis Tirschenreuth anfangs besonders von dem Virus betroffen war.
Nachdem Mitte März auf einen Schlag alle Einrichtungen der Lebenshilfe schließen mussten, haben die Mitarbeiter versucht, den Kontakt zu den betreuten Kindern und Erwachsenen so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Besonders belastet waren jedoch Eltern von schwerst mehrfach behinderten Kindern, so Berthold Kellner, Geschäftsführer der Integrationsfirma der Lebenshilfe. Diese Familien müssten in Krisenzeiten künftig besser unterstützt werden. Ebenso Familien im Bereich der Frühförderung, in dem entwicklungsverzögerte Kinder betreut werden. Bei diesen Kindern sei eine Pause von mehreren Monaten, wie es sie jetzt gegeben hat, schwer wieder aufzuholen.
Auch der Tirschenreuther Selbsthilfeverein „Behinderte und Nichtbehinderte“ hat versucht, den Kontakt zu den Mitgliedern nicht abbrechen zu lassen. Wenn es nicht anders ging, zur Not auch über den ganz klassischen Brief. Inklusive kleiner Rätsel, Aufgaben und einer Bitte um Rückmeldung.
Studie auf freiwilliger Basis
Die Erhebung des Netzwerkes Inklusion ist auf freiwilliger Basis. Die Initiatoren freuen sich, wenn sich Menschen melden, die über ihre Erfahrungen Auskunft geben wollen. Dafür können sie sich unter christina.ponader@lh-tir.de oder unter der 09633 923198 – 882 melden. Ein Zwischenfazit der Studie soll im November veröffentlicht werden.
(az)