Es ist kein Prozess wie jeder andere. In Weiden ist heute einer der größten Wirtschaftsprozesse in der Geschichte des Weidener Landgerichts eröffnet worden. Es geht um Betrug in Millionenhöhe. Angeklagt ist eine dreiköpfige Familie. Sie soll mit der Weidener Wohnungsbaugesellschatt WSE eG Gelder in Millionenhöhe ergaunert haben 20000 Anleger sollen um viel Geld gebracht worden sein. 13,5 Millionen Euro habe die Gesellschaft auf dubiose Weise eingenommen, mindestens neun Milliionen davon illegal. Die Anklageschrift umfasst mehr als 1100 Seiten – verlesen wurde sie heute allerdings noch nicht. Die sechs Verteidiger des Ehepaars (50 und 54 Jahre alt) und des 30-jährigen Sohns rügten, dass die Anklageschrift nicht vorschriftsmäßig schriftlich, sondern als fehleranfällige zip-Datei zugestellt worden sein.
Daraufhin wurden die 1100 Seiten mehrfach ausgedruckt. Die Beteiligten haben nun zwei Wochen Zeit, den Ausdruck mit dem Inhalt der zip-Datei zu vergleichen. So lange bleibt der Prozess unterbrochen.
Am Inhalt der Anklageschrift ändert das freilich nichts: Sie listet auf, wie die drei Angeklagten durch falsche Versprechen Arbeitnehmer dazu gebracht haben sollen, ihnen Vermögenswirksame Leistungen vom Lohn zu überweisen. Zudem seien Kreditverträge abgeschlossen und Arbeitgeber getäuscht worden. Viele Anleger hätten dabei nicht einmal bemerkt, dass sie gleichzeitig der Genossenschaft beigetreten waren. Das Geld sei aber mit Ausnahme einer Wohnung in Rothenstadt nicht in Immobilien geflossen, sondern in ein Luxusleben der Angeklagten – mit Edel-Urlauben, Sportwägen und Rolex-Uhren.
Neben den 20955 Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sind noch 42000 versuchte Fälle angeklagt. In diesen Fällen haben sich Arbeitgeber beispielsweise geweigert, den mysteriösen Forderungen nach Vermögenswirksamen Leitungen nachzukommen.
Erwartungsgemäß legt es die Schar von Verteidigern in diesem Prozess darauf an, mit Antragsfluten den Prozess kompliziert zu machen und Revisionsgründe zu sammeln. Einen ersten Erfolg konnte heute bereits der Weidener Rechtsanwalt Rouven Colbatz versuchen. Er hatte den Vorwurf der nichtordungsgemäßen Zustellung der Anklageschrift als erster erhoben.
Der Prozess wird am 6. November um 9 Uhr fortgesetzt.
(gb)