Die Jugendkammer des Landgerichts in Hof sprach den Müllwerker für schuldig der Vergewaltigung, des schweren sexuellen Missbrauchs, sexuellen Missbrauchs und Körperverletzung. Zudem wurden mehrere Einbruchsdiebstähle mit abgeurteilt.
Daniel T. war in der Nacht zum 4. April 2023 über ein offenes Badezimmerfenster in ein Kinderheim in Wunsiedel eingedrungen. Dort ist er auf einen elfjährigen Heimbewohner und später auf Lena gestoßen. Am Morgen war Lena erdrosselt aufgefunden worden.
Die genauen Todesumstände sind nicht voll umfänglich aufgeklärt worden, laut Spurenlage hat der heute zwölfjährige Junge seine Mitheimbewohnerin getötet - nach seinen eigenen aber widersprüchlichen Angaben auf Drängen des Einbrechers.
Dem Angeklagten könne eine Beteiligung an dem Tod aber nicht nachgewiesen werden, begründete der Vorsitzende Richter Christopher Feulner das Urteil. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre gefordert, Verteidiger Maximilian Siller sechs Jahre.
Beide gingen ebenfalls nicht von einer Beteiligung des Angeklagten an der Tötung von Lena aus. Gegen das Urteil wird Revision von dem Nebenklägervertreter Michael Hasslacher erwartet. Er vertritt den heute zwölfjährigen Jungen, der strafunmündig ist, über dessen weiteres Schicksal aber vom Jugendamt entschieden werden muss.
(gb)
Die katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg gab dazu folgende Stellungnahme ab:
Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. begleitet die Einrichtung St. Josef in Wunsiedel weiterhin intensiv
Regensburg/Wunsiedel 20.03.2024. Am 4. April 2024 jährt sich der tragische Tod eines zehnjährigen Mädchens in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Josef der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF). Am Tag der Urteilsverkündung im Strafverfahren gegen den 26-jährigen Angeklagten wegen Sexualstraftaten in St. Josef und Einbruchsdiebstählen blicken Träger und Einrichtung auf die vielen Monate im Krisenmodus zurück. Das heutige Urteil und die verhängte Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten mögen das Verfahren gegen den Angeklagten abschließen, weder Urteil noch Gerichtsverfahren beantworten jedoch die Frage, was genau sich ereignet hat.
Für die Familie des Mädchens bleibt der Verlust eines Kindes zu betrauern ebenso wie für die Einrichtung St. Josef. Einmal mehr gelten Mitgefühl und Anteilnahme des Trägers und der Einrichtung der Familie. Auch die Kinder, Jugendlichen und Mitarbeiter sind von großer Betroffenheit bewegt. Sie leben seit einem Jahr in einer Krisen- und Ausnahmesituation, in der Trauer und Ängste angesehen und gemeinsam bewältigt werden mussten. In dieser sehr schweren Zeit war es den Verantwortlichen beim Träger und in der Einrichtung vor allem ein Anliegen, die Kinder bestmöglich zu begleiten. Das Kriseninterventionsteam hat die Familien der Kinder und Jugendlichen, die in St. Josef leben, einbezogen und schon bald nach dem tragischen Ereignis über die Maßnahmen der Krisenintervention informiert. Auch die Eltern sollten mit ihren Fragen und Ängsten nicht alleine gelassen werden.
Professionelle Krisenbegleitung und Trauerarbeit
Innerhalb weniger Stunden nach Auffinden des toten Mädchens hatte sich das Krisenteam der Einrichtung konstituiert und mobilisierte alle Kräfte zur Begleitung der Kinder. In den ersten Wochen nach dem Tod des zehnjährigen Mädchens waren neben dem Krisenteam in der Einrichtung insbesondere die Erzieherinnen und Erzieher im Gruppendienst gefordert. Nachts waren sie personell verstärkt im doppelten Dienst im Einsatz, achteten auf Belastungsanzeichen bei den Kindern und halfen in der Bewältigung. Nah bei den Kindern waren auch der Einrichtungsleiter, zwei Psychologinnen und der Psychologe der Einrichtung. Sie wendeten sich den Kindern in Einzelgesprächen zu. Der sozial- und heilpädagogische Fachdienst unterstützte ebenso wie ein speziell geschultes Krisenteam. Sie informierten die Schulleitungen und Lehrkräfte der Schulen der Kinder und bezogen diese in die Krisenbewältigung ein – das alles, um die Kinder und Jugendlichen emotional zu stabilisieren.
Die Trauerarbeit war fester Bestandteil des Alltags. In der Kirche, in der Wohngruppe und später auf dem Gelände wurde jeweils ein Trauerort geschaffen. Dies gab den Kindern die Möglichkeit zu zeigen, wofür sie keine Worte hatten. Bis heute ist ein eigens gepflanzter Apfelbaum auf dem Gelände der Ort, wo die Kinder und Mitarbeiter trauern oder mit ihren Gedanken sein können. Der Träger unterstützte mit pastoralen Angeboten wie einer Gedenkfeier und einer Andacht. Das trägerseitige Krisenteam besuchte die Einrichtung mehrmals und wandte sich den Kindern und Jugendlichen sowie dem Personal zu.
Ein Jahr später ist die Einrichtung immer noch belastet. Die im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 20. März 2024 im Strafverfahren öffentlich gemachten Aussagen und eine erneute Welle der Berichterstattung wirkten ängstigend und verstörend auf die Kinder und Jugendlichen wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in St. Josef. Insbesondere das Schicksaal eines elfjährigen Jungen, der in der Tatnacht ebenfalls Opfer sexuellen Missbrauchs durch den 26-Jährigen Verurteilen wurde und dessen Rolle in der Tatnacht gutachterlich vor Gericht beleuchtet wurde, bewegt und belastet die gesamte Einrichtung. Es bleiben viele Fragen offen.
Personalversorgung
Während sich die Einrichtung St. Josef im Krisenmodus befindet und um Normalität ringt, begleiten intensive Presseanfragen die Aufarbeitung und Bewältigung. Aus Respekt vor der Arbeit der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes äußert sich die KJF erst nach der Urteilsverkündung zu den Abläufen in der Einrichtung.
Aufnahmekriterien, fachliche Standards und die Rahmenbedingungen in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung interessieren die Medienvertreter ebenso wie die personelle Situation in St. Josef. Was die Personalversorgung anbelangt, so hat die zuständige Heimaufsicht geprüft, ob in der Einrichtung die vorgeschriebene Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den erforderlichen Qualifikationen beschäftigt ist und ob in den vergangenen Jahren den Meldepflichten nachgekommen wurde. Das Ergebnis der Prüfung war einwandfrei.
Im April 2023 waren alle Planstellen in St. Josef besetzt und in der Tatnacht war eine Diplompädagogin als Nachtbereitschaft für eine kleine Gruppe von Kindern verantwortlich. In den Osterferien und über die Feiertage wurde vertrautes Erziehungspersonal für diese Gruppe eingesetzt, während die meisten Kinder auf Skifreizeit oder zuhause waren. Der erforderliche Betreuungsschlüssel war zu jeder Zeit gewahrt.
Aufnahme in eine Jugendhilfeeinrichtung
Als Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe gewährt das Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef in Wunsiedel Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII für Kinder und Jugendliche, deren Eltern – vorübergehend oder dauerhaft – nicht in der Lage sind, die Erziehung ihrer Kinder sicherzustellen. Im Gesetzestext heißt es: „wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.“ Dem Jugendamt als Träger der öffentlichen Jugendhilfe kommt die Gesamtverantwortung für das sogenannte Hilfeplanverfahren zu, in dem alle Maßnahmen und Entwicklungsfortschritte partnerschaftlich mit der Einrichtung und den Eltern abgestimmt werden. Es nimmt das staatliche Wächteramt wahr. Die pädagogischen und psychologischen Fachkräfte einer Jugendhilfeeinrichtung wie St. Josef bilden mit dem Jugendamt ein Team, um jedes Kind zu fördern und zu begleiten. Wann immer möglich, soll das Kind auch wieder in seiner Familie leben können.
Die Aufnahme von Kindern erfolgt in allen Jugendhilfeeinrichtungen und so auch in St. Josef auf Grundlage eines standardisierten Aufnahmeverfahrens, das eine individuelle Fallbetrachtung einschließt und in dem Ausschlusskriterien gelten. In St. Josef entscheidet die Einrichtungsleitung oder Bereichsleitung in Absprache mit dem zuständigen psychologischen Fachdienst über die Aufnahme eines Kindes. Dies geschieht auf Grundlage der vom Jugendamt und ggf. weiterer Stellen wie der Kinder- und Jugendpsychiatrie übermittelten Unterlagen. Sorgeberechtigte Eltern oder ein Vormund werden einbezogen.
Jugendhilfeeinrichtungen wie St. Josef bieten Kindern und Jugendlichen lebensweltlich und familiär orientierte Strukturen. In St. Josef etwa leben sie in kleinen Wohngruppen in eigenen Häusern auf einem größeren Gelände dezentral zusammen. Die Wohneinheiten sind eigenständig und ermöglichen es den Kindern wie in einer Familie zu wohnen und zu leben. Eine Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung wie St. Josef ist keine geschlossene Einrichtung mit Sicherungsmaßnahmen.
Dank des Trägers
In all den Tagen seit dem 4. April 2023 haben die Pädagoginnen und Pädagogen in St. Josef mit großem Einfühlungsvermögen den Kindern erklärt, was wann notwendiger Weise passiert. Sie leisten von Anfang an Großartiges trotz aller Belastungen. Gleichzeitig haben sie den Kindern jeden Tag ein Stück Alltag und Normalität ermöglicht. Integriert in dieses Zurückerobern war und ist die Trauerarbeit bis heute ein fester Bestandteil.
Die Krisenkommunikation hatten die KJF und die Einrichtung klar geregelt. Sie erfolgte in enger Abstimmung mit dem geschäftsführenden Direktor und dem trägerseitigen KJF-Krisenstab. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden oder zu belasten, gab die KJF keine Informationen über die Ereignisse vor Ort weiter und beschränkte die Inhalte der Krisenkommunikation auf die Maßnahmen zum Schutz und zur Begleitung der Kinder und der Fachkräfte. Umso wichtiger waren Menschen, die sich mitfühlend zeigten und Anteil nahmen. Das hat allen in St. Josef gutgetan und sie gestärkt. Auch seriöse Medienvertreterinnen und Medienvertreter haben respektvoll und bedacht reagiert, als sie von der KJF nicht die Informationen bekommen konnten, die sie eigentlich anfragten. Dafür bedanken sich Träger und Einrichtungsleitung ausdrücklich im Namen aller Kinder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in St. Josef.
(Christine Allgeyer)