Fr, 02.02.2024 , 16:11 Uhr

Wunsiedel / Hof

Viele offene Fragen im Prozess um Lenas Leidensgeschichte

Auch nach dem Geständnis im Vergewaltigungs-Prozess um die Leidensgeschichte der zehnjährigen Lena im Kinderheim Wunsiedel bleiben viele Fragen offen. Am ersten Prozesstag ging es um Details in der Mordnacht.

Nach dem Geständnis im Prozess um das tragische Schicksal der zehnjährigen Lena aus dem Kinderheim Wunsiedel bleiben dennoch viele Fragen offen. Wie wir gestern zum Prozessauftakt aus dem Landgericht in Hof berichtet haben, hat der heute 26-jährige Angeklagte die Vergewaltigung des Mädchens gestanden, die Tötung jedoch sei alleine auf den elfjährigen Mitheimbewohner zurückzuführen. Der ist bekanntlich strafunmündig.
Über ihn gibt es widersprüchliche Angaben. Die Sozialpädagogin, die in der Mordnacht Nachtschicht hatte, beschrieb ihn als unauffällig. Ihr gegenüber sei er nie als aggressiv aufgefallen.

Dr. Lutz Rittmann, der Anwalt von Lenas Mutter beschreibt ihn als hochaggressives früh-pubertierendes Kind, das bereits Erzieher eingesperrt habe und tätlich geworden sei. Es sei ihm unverständlich, wieso der Junge unkontrolliert agieren konnte. Auch, dass in dem Kinderheim niemand etwas von der Vergewaltigung und der Tötung mitbekommen haben will, sei ihm suspekt.
Die Sozialpädagogin sagte aus, es sei in der Nacht völlig ruhig gewesen in dem Haus, in dem aufgrund der Ferien nur fünf Kinder übernachtet hätten, zwei Mädchen und drei Buben – sehr harmonisch und ruhiger als sonst. Sie selbst habe in der Nacht geschlafen, was üblich sei während der Bereitschaft. Wenn etwas sei, sollen die Kinder den Bereitschaftsdienst wecken.
Das ist am morgen des 4. April 2023 auch tatsächlich passiert. gegen sieben Uhr habe der elfjährige an ihre Tür geklopft: „Jemand liegt in meinem Zimmer“.
Als sie nachsehen gegangen sei, habe sie tatsächlich Lena in dem Zimmer des Jungen gesehen – nur mit einem Oberteil bekleidet, unten nackt. Sie habe an „ein Malheur“ geglaubt und wollte Lena weiter schlafen lassen. Wieso sie sie nicht zugedeckt habe, konnte die 25-Jährige Mitarbeiterin nicht beantworten. Auch dass Lena zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, habe sie nicht bemerkt. Erst als sie später beim Weckversuch die verfärbte Haut Lenas gesehen und den Körper berührt hat, habe sie die Tragik erkannt und Alarm geschlagen.
Sie hat beim Prozessauftakt auch eingeräumt, das Badezimmerfenster im Erdgeschoss nicht verschlossen zu haben, über das in dieser Nacht der spätere Vergewaltiger Daniel T. als Einbrecher eingestiegen ist.

Die Sozialpädagogin hatte zu ihrer Zeugenvernahme einen Rechtsanwalt als Beistand mitgebracht. Es gibt Anzeigen gegen das Kinderheim. Für die Ermittler gibt es derzeit alber keine Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung.
Am nächsten Prozesstag, dem 6. Februar, soll der elfjährige Junge, der offenbar für Lenas Tod verantwortlich ist, als Zeuge gehört werden. Ungewöhnlich: Der Täter ist in diesem Verfahren auch Nebenkläger, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Hasslacher. Hasslacher bestätigte gegenüber OTV, dass der Elfjährige angibt, Daniel T. habe ihn angestiftet, Lena zum Schweigen zu bringen. Die Staatsanwaltschaft geht aber aufgrund ihrer Ermittlungen aktuell nicht davon aus.
Insgesamt sind noch acht Prozesstage angesetzt.

(gb)

 

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